Vergangenen Donnerstag feierten von Melkmaschinen geplagte Kühe und umweltbewusste Anleger ein besonderes Ereignis: Oatly ging an die Nasdaq-Börse.
Das schwedische Unternehmen stellt verschiedene Milchersatzprodukte her auf Basis von Hafer und wurde mit 10 Milliarden Dollar US-Dollar bewertet. Ist das eine hohe Bewertung? Sind die Aktien zu teuer, um einzusteigen? Der Aktionär hält die Bewertung für wahnwitzig und begründet dies mit dem KUV (Kurs-Umsatzverhältnis) von 11,8. Im Artikel wird stattdessen SunOpta empfohlen, das ein KUV von 1,7 aufweist.
Diese Zahlenmenschen. Null Ahnung von Branding und Top-Werbung.
Sie haben sich gerade gefragt: SunOpta, who? Ich mich auch.
Und damit kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieses Artikels: der wertschöpfenden Kraft von starken Marken und der überragenden Kommunikation von Oatly.
Vom lokalen No-Name zum Super Bowl-Überraschungshit
Oatly wurde bereits in den 1990er-Jahren gegründet, ist mittlerweile in 20 Ländern in Europa und Asien erhältlich und steht seit April auch in den Regalen von Coop. 2012 übernahm Toni Petersson den CEO-Posten und machte schnell von sich und Oatly reden mit einem Song, der von einem Kindergärtner stammen könnte: Wow, no cow. 2020 rezyklierte er den Song, der mit 100 Dollar Produktionskosten nicht nur um das X-fache günstiger war als ein durchschnittlicher Superbowl-Grosskotzwerbefilm. „Wow, no Cow“ wurde zum am meisten diskutierten Super Bowl-Werbeauftritt.
The package is the branding and media king
Oatly wurde bereits in den 1990er-Jahren gegründet, ist mittlerweile in 20 Ländern in Europa und Asien erhältlich und steht seit April auch in den Regalen von Coop. 2012 übernahm Toni Petersson den CEO-Posten und machte Als Toni Petersson bei Oatly startete, hatte er John Schoolcraft im Schlepptau und gab ihm den Creative Director-Posten. Schoolcraft machte sich als Erstes daran, der Oatly-Packung ein neues, unverwechselbares Design zu verpassen in Zusammenarbeit mit der schwedischen Topagentur Forsman & Bodenfors. Die Texte auf der Verpackung machten schnell klar, dass Oatly sich als Challenger Marke positionierte. Man liess es nicht bei der relevanten, aber braven Botschaft „Tue Gutes für dich und deine Umwelt“ bleiben. Oatly legt sich bis heute mit der Milchindustrie an, setzt auf die David gegen Goliath-Story und pikst sie mit Sprüchen wie: It’s like milk, but made for humans. Wer mehr über das Branding von Oatly erfahren will und warum es bei Oatly keine Marketing-Abteilung gibt, schaut sich dieses Interview mit John Schoolcraft an oder diese Keynote.
Politmarketing at it’s best
2019 lancierte Oatly in Deutschland eine Petition mit der Forderung, dass alle Lebensmittelhersteller ihren CO2-Fussabdruck auf der Verpackung deklarieren sollen. Nicht ganz ohne Eigennutz. Milchprodukte sind im Vergleich zu Pflanzendrinks bei der Umweltbilanz die reinsten Sündenböcke. Oatly geht auch da voraus und weist den CO2-Fussabdruck auf der Verpackung aus.
Starke Marken überleben Shitstorm
Einen Shitstorm trat die Netzgemeinde los, als Blackstone mit einem Investment von 200 Millionen einen zehnprozentigen Anteil bei Oatly erwarb, um die Finanzierung von neuen Produktionsstätten zu ermöglichen. Das US-Investmenthaus steckt auch Geld in Unternehmen, die schlecht fürs Klima sind. In den Diskussionsforen waren die Meinungen gespaltet. Die Idealisten beklagten die fehlende Integrität von Oatly, die Pragmatiker begrüssten die Finanzierungsspritze.. Schlüssig fand ich die Aussage von Sarah Böhmer, Brand Consultant von BrandTrust, die in diesem persoenlich.com-Artikel von einem Vertrauensguthaben spricht, von dem Oatly zehren konnte. Anders ausgedrückt: Starke Marken sind widerstandsfähiger.
Keine Angst vor der übermächtigen Konkurrenz
Giganten wie Nestlé mischen im boomenden Milchersatzprodukte-Markt und stellen Drinks, Eis, Käse, Joghurts ohne den Saft her, den die Natur für Kälber ersonnen hat. Die Mutter von allen Lebensmittelkonzernen hat eine Pflanzenmilch auf Erbsenbasis lanciert mit dem Namen «Wunda». Nestlé ist allerdings mit einem zwielichtigen Nachhaltigkeitsimage behaftet.
Der Oatly-CEO, Toni Petersson, erstarrt jedenfalls nicht in Angst. Er zählt darauf, dass die Öko-Trinker in der Lage sind zu unterscheiden, wer aus echtem Interesse umweltfreundliche Produkte herstellen will und welche Unternehmen nur auf den letzten Trend aufspringen.
Wer einem Freelance-Texter blind vertraut, ist selbst schuld
Ich arbeite in erster Linie als Texter/Konzepter und Kampagnenmacher seit über 15 Jahren. Und obwohl ich in den letzten Jahren mein Finanzwissen ausbauen konnte aufgrund von Aufträgen aus der Finanzbranche, bin weit davon entfernt, ein Aktienanalyst zu sein, obwohl: Liegt da nicht noch eine Glaskugel in meinem Keller herum?;-)
Wenn Sie also ihr ganzes Vermögen in Oatly-Aktien stecken, der Kurs einbricht und sich nie mehr erholt, mache ich Ihnen zum Trost einen Cappuccino mit aufgeschäumter Barista-Oatly-Hafermilch, lehne aber sonst jede Verantwortung ab. Die Gefahr besteht nämlich, dass frisch an der Börse gestartete Aktien von viel Hype getragen werden und oft zu hoch bewertet sind.
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