Um Bemühungen für mehr Umweltschutz, Gleichberechtigung oder eine Spendenaktion erfolgreich zu kommunizieren, sollten Unternehmen auf Worthülsen, Klischees und Allgemeinplätze verzichten. Dies nährt nur den Green- oder Bluewashing-Verdacht. Wirkungsvoller sind frische Sätze und eine transparente Kommunikation.
Dank Storytelling können Unternehmen ihre Botschaften authentischer gestalten und eine emotionale Bindung zu ihren Zielgruppen aufbauen. Lies mehr darüber, inklusive Tipps von einem Texter, den dieses Thema stark beschäftigt.
Nachhaltigkeitsberichte. Nach Schema F wie Flach
Wer ein Editorial in einem Nachhaltigkeitsbericht gelesen hat, hat alle gelesen – zumindest könnte man diesen Eindruck gewinnen. Es wimmelt von Phrasen, die so lebendig sind wie staubiger Wüstenboden: Wir wollen die Welt besser machen. Nachhaltigkeit ist uns wichtig. Wir arbeiten für eine grünere Zukunft. Wer nicht da bereits abgeschaltet hat, tut dies spätestens, wenn das Fachchinesisch aus dem Jutesack gelassen wird.
Ein stereotypisches Vorwort
CEO im Vorwort: «Die Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA.» Oder: «Wir sind nachhaltig seit dem Jahr XXXX.»
Kommentar: Eine konkrete Begründung fehlt meist, was das Unternehmen unter Nachhaltigkeit versteht. Der DNA-Text ist so frisch wie ein morscher Baum.
CEO: «Wir haben die Emissionen (Scope 1 und Scope 2), um xy Prozent reduziert.»
Kommentar: Weder wird die Reduktion in verständliche Einheiten übersetzt wie zum Beispiel «Entspricht dem Ausstoss von xy Autos», noch werden die Fachbegriffe Scope 1 und 2 anschaulich erklärt. Besser ist es auf die Aussagen zu verzichten, die nicht in ein, zwei Sätzen erklärt werden können.
CEO: «Unser Unternehmen unterstützt seit Jahren die Nachhaltigkeitsinitiative XY.»
Kommentar: Von den genannten Nachhaltigkeitsinitiativen haben die meisten Menschen noch nie etwas gehört und können daher nicht einordnen, wie stark die Nachhaltigkeitsleistung ist.
Wie du deine Texte verbessern kannst
«Diesem Unternehmen kaufe ich es ab, dass es mehr für die Umwelt und Gesellschaft tut.». Diesen Satz will jedes Unternehmen hören, doch in Umfragen äussern Menschen eher ihr Misstrauen. Folgende Tipps erhöhen die Überzeugungskraft.
Tipp Nr.1: Vermeide das N-Wort
Das Wort Nachhaltigkeit wurde bereits so oft verwendet, dass es an Aussagekraft eingebüsst hat und Verdacht auf Greenwashing erweckt. Greenwashing bedeutet: Man gibt vor mehr für den Umweltschutz zu tun, als es der Realität entspricht. Die Absicht ist, sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu erschwindeln oder die Preise zu erhöhen.
Ein Tabuwort bei FREITAG und Patagonia
Als ich für ein FREITAG-Projekt arbeitete, schrieb bei einem Newsletter-Text das Wort nachhaltig rein. Mir wurde deutlich gemacht, dass es bei FREITAG ein ungeschriebenes Gesetz gab, das N-Wort nicht zu verwenden. Patagonia verfolgt die gleiche Philosophie. Der Hersteller für Outdoor-Produkte bezeichnet sich als verantwortungsbewusstes Unternehmen, weil es der Meinung ist, dass seine Geschäftstätigkeit, so ressourcenschonend sie auch ist, die Umwelt belasten würde.
Was bietet sich als Alternative an? Ein Suchfeld können Werte sein: Fairness, Gerechtigkeit, Gemeinwohl, Bescheidenheit, Solidarität. Diese benötigen jedoch einen Leistungsausweis oder zumindest glaubwürdigen Aktionsplan. Im Zweifelsfall lässt man die Titanen unter den Worten in der Schreibtischschublade stecken. Kritische Konsumenten merken schnell, wenn wenig Substanz da ist. Manchmal reicht es schon, die Taten detailliert und pointiert zu beschreiben.
Tipp Nr.2: Sei ehrlich, nicht werberisch
Seit 1886 das erste Coca-Cola-Plakat erschien, gilt in der Unternehmenskommunikation eine Regel: Nur die guten Seiten zeigen, das Produkt in den Himmel loben, so tun, als sei man perfekt. Wer bei einem Auto einen beheizten Seitenspiegel als Revolution verkauft, läuft kaum Gefahr, von der Öffentlichkeit zerrissen zu werden. Die Übertreibung ist zu offensichtlich. In der Nachhaltigkeitskommunikation hingegen sollte man sich vor Übertreibungen hüten. Je nach dem könnte es sich sogar lohnen, Fehler und Rückschläge auf dem Weg zum Ziel offensiv zu kommunizieren.
Tipp Nr.3: Wecke Emotionen mit Storytelling
Die Verwendung von Prozentzahlen (Energieeinsparungen etc.) und zu viel abstrakter Sprache, erkennbar an Wörtern wie -heit, -keit- oder- ung, kann ein Unternehmen unpersönlich erscheinen lassen. Geschichten geben den Nachhaltigkeitsbemühungen ein Gesicht. Nehmen wir zum Beispiel ein Unternehmen, das sich für den Umweltschutz einsetzt. Es könnte sagen, dass es den CO2-Ausstoss reduziert hat. Greifbarer wäre aber eine Geschichte darüber, wie es seine Produktion umgestellt hat, welche Hindernisse dabei überwunden wurden und dass die Mitarbeitende sich stärker mit der Firma identifizieren.
Das Reservoir für Geschichten ist unerschöpflich
Von Vorteil ist es, wenn Unternehmen eine Vielzahl von Geschichten erzählen, um verschiedene Menschen und Anspruchsgruppen anzusprechen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise daran arbeitet, die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz zu fördern, könnte es Geschichten von Frauen im Unternehmen teilen, die erfolgreich in leitenden Positionen arbeiten oder über Programme –mit konkreten Meilensteinen zur Unterstützung von Frauen – berichten. Warum nicht Männer zu Wort kommen lassen, die auf ihre Karriere zugunsten ihrer Vaterrolle verzichtet haben? Vorbilder sind inspirierend und schaffen Glaubwürdigkeit.
Fazit: Wer richtig textet, hat richtig gute Erfolgschancen
Wohl überlegte Kampagnen, Content Marketing-Artikel oder Webtexte bieten hervorragende Möglichkeiten, um für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren, Mitarbeitende zu motivieren und Kund:innen zu bewegen. Eine klare, verständliche Kommunikation hilft, die eigenen Ziele glaubwürdig zu vermitteln und Vertrauen aufzubauen. Das bedeutet nicht, dass ein Text ernst oder in Juristendeutsch verfasst sein muss, sondern je nach Unternehmen und Kommunikationskanal auch Leichtigkeit oder Humor versprühen kann.
Fotografie: Clem Onojeghuo, unsplash.com